Gottlos = ziellos und verloren?

Hallo Ihr Lieben,

gestern sind mir gleich zwei Artikel ins Auge gefallen, bei denen die Autoren betonen, dass sie nicht an Gott glauben, der eine, weil er Jahrzehnte gebraucht hat, um sich von den falschen Glaubenssätzen, die durch religiöse Erziehung entstanden sind, zu befreien, der andere, weil er seinen Erfolg nicht als „Geschenk von oben“ sehen kann, sondern ihn sich selbst zuschreibt.

Ich kenne selbst Menschen, die an der Existenz einer höheren Macht zweifeln oder nur an das glauben, was die Wissenschaft belegt.

Gehen diese Menschen verloren? Sind sie plan- und ziellos?

Für mich sind alle Menschen gleich wichtig und gleich wertvoll, egal, woran sie glauben. Selbst wenn sie nicht von der Existenz Gottes oder der Quelle oder wie auch immer man ihn oder es nennen will, überzeugt sind, so haben sie doch dann eine andere Ausrichtung, nämlich die auf sich selbst.

Jemand, der an nichts glaubt, muss zwangsläufig an sich selbst glauben. Er muss daran glauben, alles aus eigener Kraft zu schaffen, er muss seinen Weg nur mit Hilfe anderer Menschen gehen, aber nicht mit der Unterstützung einer unsichtbaren, höheren Macht. Natürlich leben auch diese Menschen ihr Leben auf erfolgreiche Weise und natürlich gelingt ihnen, was sie vorhaben. Doch ich glaube schon, dass es sehr viel anstrengender ist, dass es sehr viel mehr Motivation braucht, um etwas zu erreichen.

Die Kehrseite sind die Menschen, die glauben, alles Gott überlassen zu können. Mit jedem Problem zu ihm zu kommen und darauf zu hoffen und dafür zu beten, dass er es für sie lösen möge. Mancher glaubt, wenn er nur oft genug betet und seine Bitten häufig genug wiederholt, dass sie dann erhört werden.

Ich glaube, dass die Lösung zwischen beidem liegt, ohne einer Gruppe etwas aufzwängen zu wollen. Doch es ist des Nachdenkens wert:

Diejenigen, die an nichts glauben wollen oder können außer an sich selbst, nehmen ihr Leben selbst in die Hand und übernehmen dadurch auch die ganze Verantwortung für sich selbst und ihr Handeln, die anderen tun genau das Gegenteil. Dadurch, dass Gott ihre Probleme lösen soll, geben sie die Verantwortung ab und fühlen sich womöglich ohnmächtig und ausgeliefert, von der Güte und dem Wohlwollen Gottes abhängig.

Ich vertrete die Auffassung, dass Gott nichts für uns tut, was wir selbst tun können. Gott löst nicht unsere Probleme, aber er kann uns Wege aufzeigen, die zu Lösungen führen.

Ich verstehe, dass sehr viele Menschen ein großes Problem mit dem Namen „Gott“ haben, weil er zu sehr mit Dogmen, Hierarchien, Schuld und Sünde, die die Kirchen uns seit langer, langer Zeit eingetrichtert hat, verbunden ist. Auch wenn ich dem gegenüber sehr differenziert denke, so sehe ich es doch als Basis für meinen eigenen Glauben, der aber nichts mit einem strafenden, eifersüchtigen Gott zu tun hat. Gott ist für mich der Inbegriff meiner geistigen Herkunft, meine spirituelle Familie, mein Vater und meine Mutter, ohne deren Lebenshauch und Liebe ich nicht existieren würde.

Ein Leben ohne Glauben birgt ein Risiko: Es macht Menschen sehr davon abhängig, alles auf eine Karte zu setzen, alles richtig und gut machen zu müssen, denn ansonsten ist das Leben sinnlos vertan. Wenn wir jedoch daran glauben, dass wir hier sind, um zu lernen, zu wachsen und uns zu entwickeln, so dass wir immer mehr lieben können, so macht es nur Sinn, dass wir noch mehrmals die Gelegenheit haben, uns zu verbessern und aus Fehlern zu lernen. Das nimmt den Druck, denn wir müssen nicht perfekt sein.

Ich glaube, dass Menschen ohne das Bewusstsein einer geistigen Ebene hier sind, weil sie in einem anderen Leben einmal zu sehr von dem Wohlwollen Gottes abhängig waren oder vielleicht auch als Kirchenmänner sehr viel Unheil angerichtet haben, so dass sie nun beschlossen haben, diese Dimension im jetzigen Leben auszublenden.

Dennoch bin ich überzeugt, dass am Ende doch alle wieder in die geistige Heimat zurückkehren, egal, woran sie glauben. Dann, auf der anderen Seite sehen sie die Wahrheit und erinnern sich wieder daran, dass sie nur aus Energie, aus Licht bestehen, das seine Form wandelt, aber niemals verloren geht.

Deswegen kann ich alle Menschen, ob gläubig oder ungläubig, so annehmen wie sie sind und mit ihrem Verständnis dessen, wie das Leben beschaffen ist, akzeptieren. Niemand ist besser oder schlechter, richtig oder falsch. Wir sind alle hier, weil wir Liebe lernen wollten, auf welche Art auch immer.

Eure Ashanar