Nichts spaltet im Moment unsere Gesellschaft mehr als die Menschen, die für oder gegen eine Impfung gegen Corona sind. Es ist, als würden die Menschen füreinander kein Verständnis und keinen Respekt mehr aufbringen. Ich habe mich gefragt, was es genau ist, was darunter liegt, was sich dahinter versteckt. Zuerst einmal ist es in beiden Lagern die Angst, die überwiegt. Bei den Einen Angst, schwer zu erkranken, bei den Anderen Angst, dass ein anderer über ihren Körper oder ihre Gesundheit entscheidet. Angst vor Freiheitsverlust, Einschränkung der Grundrechte, Angst vor Ausgrenzung, Angst vor Nebenwirkungen, Angst vor späteren Folgen auf der einen Seite. Angst, sich gegen politische Entscheidungen und ärztlichen Rat aufzulehnen, Angst, sich anzustecken, aber auch ebenfalls Angst vor Ausgrenzung, vor finanziellen Einbußen auf der anderen Seite. Die Liste ließe sich lang fortführen.
Doch ist es nicht dann, wenn man doch spirituell ausgerichtet ist eine Einstellung, ein Blickwinkel, dass man das, was man ablehnt, gerade anzieht? Dass das, worauf man seinen Fokus richtet, sich noch verstärkt? Klar ist auch, dass jemand, der sich mit Negativem beschäftigt, auch stets das Negative erfährt, sieht und wahrnimmt. Wohin soll also das alles führen, was dürfen wir daraus lernen?
Ich möchte keine Diskussion über Für und Wider der Impfung entfachen, die gibt es schon allerorten. Da ich nicht für Euch, für die Allgemeinheit oder für auch nur einen einzigen anderen Menschen sprechen kann, kann ich nur von mir selbst reden. Mir macht das alles Angst, das gebe ich zu. Nicht zu wissen, wie es weitergeht, ob alles irgendwann wieder einmal „normal“ wird und wir ganz ungezwungen, frei und selbstverständlich miteinander umgehen können, das fühlt sich einfach nicht gut an. Ich habe mich schon damit auseinandergesetzt, was wäre, wenn ich erkranke, wenn ich vielleicht sterbe – natürlich Gedanken, die man normalerweise weit von sich weist, weil das eigentlich die Ur-Angst ist, nämlich die, krank, hilflos und hoffnungslos zu sein und am Ende dem Tod ins Auge blicken zu müssen.
Letztlich wollen wir alle nach einem langen, erfüllten Leben im besten Fall ruhig, ohne Schmerzen und ohne Qual aus unserem irdischen Dasein scheiden. Jede Verkürzung des, was wir glauben, uns zustehenden langen, gesunden und glücklichen Lebens fühlt sich ungerecht an, nicht wahr? Es ist ungerecht, wenn die einen jung sterben müssen, wenn die anderen alt werden, obwohl sie ungesund gelebt haben, es ist ungerecht, wenn Kinder gar nicht erst richtig ins Leben starten oder Menschen durch Unfälle oder Unglücke zu Tode kommen. All das empfinden wir als falsch, als einfach nicht richtig und gerecht. Und nun kommt Corona daher und macht uns allen richtig Angst, öffnet uns die Augen, dass das Leben sehr schnell vorbei sein kann, dass es gar nicht selbstverständlich ist, dass wir gesund sind und bleiben. Es macht uns bewusst, dass wir oft unser Schicksal gar nicht in der Hand haben, so sehr wir uns auch bemühen oder es versuchen, zu planen.
Es gibt ja kaum einen Menschen, der mit sich so im Reinen ist, dass er bereit wäre, jederzeit und mit frohem Sinn dem Leben Lebewohl zu sagen. Wir hängen so sehr daran, klammern uns daran, als wäre es alles, was wir haben. Doch auch dahinter verbirgt sich eine Angst. Die, vor dem Ungewissen, die vor dem „und was kommt dann?“ oder sich der Frage zu stellen, kommt dann überhaupt noch irgend etwas. Wir grenzen Krankheit und Tod ebenso aus, wie wir jetzt gerade eine Kluft zwischen der einen und der anderen Seite fühlen.
Ist es nicht auch so, dass genau das auch das Thema der gesamten Menschheit ist – Ausgrenzung?
Ausgrenzung von Minderheiten, von Andersdenkenden, Andersfühlenden, Andersgläubigen, anders Aussehenden, anders geborenen! Wir grenzen seit Menschengedenken immer andere aus, ob es früher die verschiedenen Stämme waren, die gegeneinander kämpften, später die Königreiche und Staaten, in denen immer einer die Macht an sich reißen wollte. Wir haben uns im Namen dieser Macht schon immer über andere Menschen gestellt. Und genau das geschieht immer noch und überall auf der ganzen Welt. Die Armen bleiben arm, während die Reichen sich abgrenzen, um ja nur nichts von ihrem Reichtum abgeben zu müssen. Noch immer gibt es überall Kampf und Krieg, weil es diesen Glauben gibt, besser zu sein als andere. Richtiger zu sein als andere. Deshalb brauchen wir Abgrenzung.
Was wäre, wenn wir genau das daraus lernen würden? Dass Abgrenzung nur Unglück, Unfrieden, Schmerz, Leid und Qual mit sich bringen? Wenn wir den Tod als Teil des Lebens nicht nur widerwillig akzeptieren, sondern als das verstehen würden, was er ist? Wenn wir anerkennen würden, dass wir nicht besser, größer, wichtiger wären als andere, sowohl im Kleinen unter den Menschen, mit denen wir zusammentreffen, sondern auch im Größeren, zwischen Staaten. Das Leben könnte so schön sein, wenn es diese Abgrenzung nicht gäbe und wir einander so annehmen könnten, wie wir alle sind.
Genau das wünscht sich doch jeder Mensch, so angenommen und geliebt zu werden, wie er ist. Wenn wir statt uns abzugrenzen, wieder in Verbindung zueinander treten würden, wenn wir die Gemeinsamkeiten stärken, die Verbundenheit hervorheben und das, was uns als Menschen ausmacht, im anderen sehen könnten – dann wäre die Welt ein wirklich schöner Ort.
Vielleicht musste erst ein Virus, so klein, dass er für das menschliche Auge unsichtbar ist und der alle Grenzen mühelos überschreitet, uns mit der Angst vor Krankheit und Tod konfrontieren, damit wir erkennen, worum es wirklich geht! Damit wir sehen, dass wir nur dann überleben, wenn wir unseren Fokus auf die Gemeinschaft, auf die gegenseitige Unterstützung, auf eine gerechte Verteilung aller Ressourcen, auf Frieden in uns und um uns herum legen.
Alles, was geschieht, tut dies aus einem Grund. Deshalb frage ich Dich, der Du dies gerade bis hierher gelesen hat, welche Ängste ruft die Situation momentan bei Dir hervor? Bist Du bereit, Dich ihnen zu stellen und in Verbindung mit Dir selbst zu treten? Erst wenn wir uns selbst wieder wirklich wahrnehmen, fühlen, uns selbst zuwenden, können wir wissen, was in unserem Inneren tatsächlich vorgeht. Und erst dann können wir aufeinander zugehen und dem Gegenüber sagen, was wir fühlen, worüber wir uns sorgen, ohne eine andere Meinung zu verurteilen. Niemand kann einem anderen sagen, wie er zu denken und zu fühlen hat. So, wie die Gedanken schon immer frei waren, so sind es die Gefühle auch.
Lasst uns wieder miteinander in Verbindung kommen, uns gegenseitig in unserem Denken und Fühlen verstehen und so die Basis schaffen, um die wirklichen Schwierigkeiten aus der Welt zu schaffen, in der es noch immer Gewinner und Verlierer gibt.